Pegasus Seestadt Aspern

Pegasus Seestadt Aspern, Donaustadt, Wien
Staatspreis für Architektur und Nachhaltigkeit 2019, klimaaktiv Silber, ÖGNB Gold
Baugruppenwettbewerb Siegerprojekt 2011, Fertigstellung 2015

Planungsprozess (Modellfoto)

Der Entwicklungsprozess der Baugruppenprojekte war von Beginn an durch Gespräche aller Beteiligten gekennzeichnet.

Diese Gespräche fanden sowohl Baugruppen-intern statt (d.h. jede Baugruppe für sich) als auch Baugruppen extern (d.h. alle 5 Baugruppen gemeinsam).

Nach Monaten intensiven Gedankenaustauschs wurden die ArchitektInnen von den Baugruppen in Klausur geschickt, um für ihre jeweilige Baugruppe unabhängig voneinander Gebäudestudien zu entwickeln. Diese sollte in Form Modells im Maßstab 1:500 innerhalb eines Monates geliefert werden.

Zum vereinbarten Zeitpunkt lieferten 5 ArchitektInnen-Teams jeweils kleine Modelle, die auf einer vorbereiteten Platte zusammengefügt wurden.

Die Gebäude fügten sich zu einem harmonischem Ensemble. Jeder Entwurf basierte auf den eingehend diskutierten Wünschen der Bewohner und nahm im erforderlichen Ausmaß Rücksicht auf die Nachbarschaft. Wer von den Architektinnen eine Selbstdarstellung erwartet hatte, wurde enttäuscht. Der intensive Entwicklungsprozess erbrachte ein Ergebnis ohne „Komödie der Eitelkeiten“.

Städtebau

Auf Basis der Wünsche der BewohnerInnen und der benachbarten Baugruppen ergibt sich eine Randbebauung mit einer Abtreppung des Gebäudes zu einem halböffentlichen Platz im Süden. Diese Abtreppung setzt sich in den oberste Geschossen in einer Staffelung nach Ost und West fort und ergibt einen im südlichen Bereich zur offeneren Bebauung hin pointiert plastisch ausgeformten Baukörper, der nach Norden zur geschlossenen Bebauung eine Raumkante bildet. Durch die Situierung des Hauses am Straßenrand ergibt sich eine ideale Innenhofproportion von 2:1, wodurch der Gemeinschaftsgarten sowohl einen großzügigen als auch intimen Charakter erhält.

Erschließung

Das Haus Pegasus wird mit einem großzügigen Licht durchfluteten Stiegenhaus erschlossen, wobei die Wohnungen teilweise direkt und teilweise über kurze Stichgänge mit dem Stiegenhaus verbunden sind. Auf den Hauptpodesten neben dem Lift ist in jedem Stock ein Platzl situiert, dass je nach Bedarf der BewohnerInnen mit Pflanzen oder Sitzgelegenheiten ausgestattet werden kann. Der Lift ist so dimensioniert, dass Fahrräder leicht in den Keller transportiert werden können (dafür gibt es einen Liftzugang direkt von der Straße).  Zusätzlich zu den 57 Fahrradabstellplätzen im Keller gibt es 20 überdachte Stellplätze an der Nordfassade. Der gut belichtete freundliche Kinderwagenabstellraum befindet sich im Erdgeschoß direkt  neben dem Stiegenhaus.

Die Familienpension erhält einen eigenen markanten Zugang von der Straße mit einer internen, vom Stiegenhaus unabhängigen Erschließung.

Gestaltungselemente

Der Charakter des Hauses wird durch die Terrassierungen geprägt. Die Wohnungen im Süden und in den obersten Stockwerken sind mit großzügigen Terrassen ausgestattet. Den Erdgeschoss-Wohnungen sind Mietergärten vorgelagert. Die nach Osten und nach Westen orientierten Wohnungen erhalten weit ausladende Balkone, die so versetzt sind, dass eine wechselseitige Beschattung vermieden wird. Die Abschattung erfolgt mit Jalousien bzw. auf Sonderwunsch mit Rollos.

Durch die Partizipation der BewohnerInnen auch in der Grundrissgestaltung ergibt sich eine freie Abordnung der Fenster, die in Abstimmung mit dem Architektenteam  in eine freie Ordnung gebracht wird. Dabei stehen vorwiegend quadratische Fenster in verschiedenen Größen zur Verfügung. Die großzügige Balkonverglasung ist vorgegeben. Die Geländer der Balkone und Terrassen werden auf Wunsch der BewohnerInnen in Holz ausgebildet (waagrechte Holzlatten auf Metallunterkonstruktion).

Das Haus erhält einen freundlich warmen Charakter, der durch eine weiße, sandfarben gebrochene Fassadenfärbelung unterstrichen wird. Das Guesthouse wird bewusst nicht hervorgehoben, sondern soll als Teil der Baugruppe Teil des gesamten Erscheinungsbildes sein. Die BewohnerInnen haben die Möglichkeit ihre Balkone und Terrassen mit Pergolen auszustatten, die auch als Grundkonstruktion für Vordächer bzw. seitliche Verglasungen dienen.

Kinderzeichnung

Sofie 5 Jahre alt, hat zu unserem Projekt gesagt: „ich freu mich nicht, da wird alles so neu sein“. Sie hat sich dennoch von uns ein Modell gewünscht und nach diesem Modell gemeinsam mit ihrem Bruder Philipp eine Zeichnung des Hauses Pegasus gemacht. Wie sie gesehen hat, dass wir die Zeichnung auf einem Plakat präsentieren ist sie errötet und hat gesagt: „Jetzt bin ich auch ein bisschen berühmt“. Es zeigt, wie auch die kleinsten Gruppenmitglieder am Planungsprozess teilgenommen haben.

Freiraum

Das Gebäude ist von der Straße und vom Gemeinschaftshof barrierefrei erschlossen. Die wohnungsbezogenen Freiräume sind an das Gebäude niveaugleich angebunden, die Gemeinschaftsterrasse ist vom SW-Platz barrierefrei erreichbar.

In direktem Anschluss an die Gemeinschaftsräume im Erdgeschoß (Frühstücksraum und Spielraum) befinden sich eine gemeinschaftlich nutzbare Holzterrasse und ein befestigter Erschließungs- und Spielbereich.

Die Freiräume von Pegasus sind nicht unterbaut. Nur die direkten Hauseingangsbereiche sind mit versiegelten Belägen versehen, alle anderen Oberflächen sind versickerungsfähig. Die Beschattung der Südfassade erfolgt über einen mittelkronigen Laubbaum (Quercus macranthera), Die Nord- und Westfassaden sind teilweise begrünt.

Die Vorgärten und die Gemeinschaftsterrasse sind zum Straßenraum mit erhöhten Sichtbetonelementen (etwa 1,20m) abgegrenzt. Zum gemeinschaftlich nutzbaren Freiraum vom Baufeld sind die Nutzergärten durch einen topografischen Höhensprung (30-50cm) abgegrenzt.

Aufenthaltsterrassen werden in Lärchenholz ausgeführt, die Einfassung der Gartenbereiche mit Sichtbetonelementen erfolgt in Sitzhöhe.

Befestigte Flächen werden mit Asphalt bzw. Beton mit Besenstrich ausgeführt.

Die Gartenbereiche im Erdgeschoss sind mit Gebrauchsrasen, Gräsern und Gehölzen mit Blühaspekt bepflanzt.  Die Staudenbeete sind mit standortangepassten und naturnahen Arten ausgestattet. Die Oberflächenentwässerung erfolgt in die Vegetationsflächen als Flächenentwässerung, für die Gartenbewässerung wird der gemeinschaftliche Brunnen verwendet.

An der Nord- und Westfassade sind Fassadenbegrünungen mit Holzkonstruktionen vorgesehen (Aristolochia macrophylla, Campsis radicans).

Den Erdgeschosswohnungen sind Nutzergärten mit Holzterrassen und Vegetationsbereichen vorgelagert. Die Abgrenzung erfolgt über bespielbare Höhensprünge (30-50cm) und Bepflanzung, nicht jedoch über Zäune. Die Gemeinschaftsterrasse zum SW-Platz ist gemeinschaftlich nutzbar und mit Staudenbeeten eingefasst, wodurch ein differenziertes Raumerlebnis entsteht. Dieses Angebot ist für alle Baugruppen des Baufeldes nutzbar. In unmittelbarer Nähe des Spielraumes ist die Bewegungs- und Spielzone des Gemeinschaftshofes angeordnet.  Im Norden des Gebäudes  – am Zugang zum Gemeinschaftshof – sind Radabstellbügel als Ergänzung zum Radabstellraum vorgesehen.

Die Baugruppe Pegasus beteiligt sich an den Gemeinschaftsmöbeln des Baufeldes und am gemeinschaftlichen Brunnen.

Mehrgenerationenwohnen

Im Wohnhaus „PEGASUS“ leben alle Generationen friedlich mit- und nebeneinander.

Für die Kleinsten ist im Haus Pegasus gesorgt. Es gibt einen Kinderspielraum, der von den Bewohnern selbst gestaltet wurde und der eine direkte Verbindung zum familienfreundlichen Hotel hat. Während die Kinder spielen, können Vater, Mutter, Großeltern oder auch Nachbarn im unmittelbar daneben liegenden Café des Hotels mit Sichtverbindung die Zeit bei einem Espresso Zeitung lesend oder plaudernd verbringen ohne die Kinder zu vernachlässigen. Unmittelbar vor dem Kinderspielraum ist ein Spielplatz und der allen Baugruppen gemeinsame Garten.

Ein Teil der Wohnungen ist barrierefrei, d.h. altengerecht ausgestattet. Alle Wohnungen sind durch einfache Maßnahmen zu barrierefreien Wohnungen ausbaufähig. Älter werdende Mitbewohner können in ihrem sozialen Umfeld bleiben.

Eine fünfköpfige Familie hat das Thema Mehrgenerationenwohnen für sich dadurch gelöst, dass sie sich bereits vor 3 Jahren für ihre Wohnung und auch für die Nachbarwohnung angemeldet hat. Diese wird jetzt von dem eben großjährig gewordenen ältesten Sohn bewohnt und wird als Studentenwohnung auch seinen Geschwistern zur Verfügung stehen. Nach dem Studium der Kinder ist ein Wohnungstausch möglich. Die Eltern können zu zweit in die kleinere Wohnung übersiedeln, während die große Wohnung einem der Kinder für eine neue Familie zur Verfügung steht.

Ungefähr die Hälfte der Wohnungen kann über interne Umgestaltungsmöglichkeiten (z.B. Einbeziehung eines Schlafraumes in den Wohnraum) hinaus, vergrößert oder verkleinert werden, dem Schrumpfen und Wachsen der Familien Rechnung tragend.

Der Gemeinschaftsraum im Dachgeschoss mit Dachterrasse und Blick über Wien steht allen jungen und älteren Bewohnern für private Feste oder auch für gemeinsame Hausfeste zur Verfügung.

Im unmittelbaren Umfeld gibt es ein Fülle von Einrichtungen der anderen Baugruppen, die auch von den Bewohnern das Hauses „PEGASUS“ genützt werden können. „PEGASUS“ gibt den Bewohnern der anderen Baugruppenhäuser die Möglichkeit, Gäste unterzubringen. Das Café ist für alle offen und damit auch die Mitbenützung von Kinderspielraum und Spielplatz.

Flexibilität

Erweiterbarkeit / Entkernbarkeit

Die Nutzungseinheiten sind bezüglich der Grundrissgestaltung leicht zusammenlegbar/trennbar.

Grundsätzlich ist beim Wohnhaus Pegasus ein hohes Maß an Flexibilität gegeben, dass im Zuge der gemeinschaftlichen Planung auch vielfach in Anspruch genommen wurde.

Die Wohnungen sind leicht zusammenlegbar/trennbar, da im Innenbereich weitgehend auf tragende Wände verzichtet wurde und die Wohnungstrennwände überwiegend in Leichtbauweise hergestellt wurden.

Im Besonderen sind die Wohnungen nördlich des Stiegenhauses so geplant, dass verschiedene Grundrisstypen durchführbar sind. Im Erdgeschoss und im 4. Stock wurden jeweils eine 4-Zimmer- und eine 2-Zimmerwohnung ausgeführt, im 1., 2., und 3. Stock jeweils zwei 3-Zimmerwohnungen.

Sämtliche Wohnungen können so umgestaltet werden, dass in den Geschossen 1-3 die3-Zimmerwohnungen in 4-, bzw. 2-Zimmerwohnungen umgebaut werden können und umgekehrt im EG und im 4. Stock.

Ausreichende Kapazität an Versorgungsschächten

Im Bereich südlich des Stiegenhauses gibt es für 3-4 Wohnungen je Geschoss mit 4-6 Versorgungsschächten ein Überangebot. Die unterschiedliche Zahl an Versorgungsschächten ergibt sich daraus, dass das Gebäude nach Süden terrassiert ist und nicht alle Versorgungsschächte bis in das oberste Geschoß geführt werden.

Eine ausreichende Kapazität an Leerverrohrungen wird eingeplant.